Wohnen und Leben

Lohnt sich Fassadendämmung mit Polystyrol WDVS?

26 Jan, 2018

Es wird heftig darüber diskutiert, ob sich energetische Sanierung von Bestandsbauten mit Wärmedämmstoffen im Verbundsystem (WDVS) überhaupt lohnt.

Lesezeit für kompletten Beitrag:  6 min

Inhalt:    

  • Wärmedämmverbundsystem-Fassade: Ja oder Nein?  
  • Unser Fazit  
  • Alternativen zur nachträglichen Wärmedämmung  

   

Wärmedämmverbundsystem-Fassade: Ja oder Nein?

Das Umweltbundesamt spricht sich grundsätzlich für die energetische Sanierung, beispielsweise mit Polystyrol-Hartschaum, aus. Rein energetisch betrachtet sparen solche Dämmstoffe mehr Energie ein, als bei ihrer Herstellung benötigt wird. Doch für die Endverbraucher stellt sich noch eine andere Frage: Lohnt sich Wärmedämmung unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten? Oder ist letztendlich eine hohe Heizkostenabrechnung günstiger als die energetische Sanierung mit ihren Folgekosten?

Der WDR prüfte im Dezember 2017 mit einer fiktiven Kostenhochrechnung, wann sich die Fassadendämmung rechnet. Das Ergebnis zeichnet kein vorteilhaftes Bild für Polystyrol Dämmplatten. Neben den Kosten für Material und Montage sind ca. alle 5 bis 20 Jahre Renovierungsarbeiten notwendig. Rechnerisch lohnt sich die Anschaffung im Beispiel womöglich erst nach über 70 Jahren.

⮩ Zum Beitrag des WDR

Gefährdung für Wärmedämmverbundsystem WDVS (Styropor)
- Tauwasser
- starke Temperaturunterschiede
- Vögel (Specht) und Insekten
- Moos, Flechten, Grün- und Schwarzalgen
- Feuer

Nachteile der EPS Wärmedämmung

   

 Styropor ist u.U. brandgefährdet und trägt giftige Bestandteile.

     
      1) Entsorgung
Der Wärmedämmstoff Styropor wurde von Oktober 2016 bis September 2017 als Sondermüll bewertet. Grund ist die Zugabe des notwendigen, aber hochgiftigen Flammschutzmittels HBCD. Doch aufgrund massiver Entsorgungsengpässe und erhöhten Kosten, die weder private Bauherren noch Unternehmer tragen wollten, wurde die Regelung kurz darauf wieder ausgesetzt. Der Bundesrat entschied im Dezember 2017, das HBCD-haltige Styropordämmplatten vorerst wieder über normale Recyclinghöfe entsorgt werden dürfen (nicht aber im gelben Sack). Verbraucher atmen auf, die Umwelt leider nicht.

Eine hoffnungsvolle Notiz am Rade, Wissenschaftler haben entdeckt, dass Mehlwürmer das Erdölprodukt Styropor biologisch abbauen. Ihr Kot kann dann als Nährsubstrat für Pflanzen eingesetzt werden. Vielleicht eine Lösung für die Berge von Plastikmüll, die bei der Entsorgung von Polystyrol entstehen.
               

   

    2) Feuchtigkeit und Flechten
Ein wärmegedämmtes Haus (z.B. WDVS mit Polystyrol-Platten) kann unter besonderen Umständen wie ein Magnet auf Feuchtigkeit wirken. Bedenken Sie, dass Wasserdampf stets an der kühlsten Oberfläche kondensiert. Und in einer Wohnsiedlung mit ansonsten schlecht gedämmten Fassaden, ist eine sorgfältig wärmegedämmte Gebäudehülle leider dieser kühlste Punkt. Isolierte Wände geben nachts keine Strahlungswärme nach außen ab, die kühle Außenluft wird am Putz zu Tauwasser. Zwar dringt das Wasser nicht in die EPS Dämmplatte ein, doch es beschädigt den Putz. Es können sich an Nordfassaden großflächig grünlich graue Algen und Flechten bilden, die bei Sanierungsarbeiten z.T. einfach überstrichen werden – kein schöner Anblick. Die Malerfarbe kann mit Fungiziden behandelt werden, diese waschen sich aber durch Tau und Regenwasser aus und sind giftig.

 

3) Risse und Eindringlinge
Ein anderes Risiko für die Verputzung ist warmes Sonnenlicht. Der nur wenige Millimeter dicke Putz kann sich stark aufheizen, die Wärme wird durch die Styroporschicht aber nicht abgeleitet. Nachts folgt dann die Abkühlung der Fassade. Diese Temperaturschwankung verursacht feine Risse im Putz, in die Wasser eindringt. Bei dessen Ausdehnung folgen weitere Spannungen und eine Verminderung der Dämmwirkung. Kleine Lebewesen wie Maden, Käfer und auch Mäuse fühlen sich im freigelegten Styropor sehr wohl. Die Insekten in der Fassade locken Spechte an, die auf der Suche nach Futter die Dämmplatten abklopfen und leider noch mehr beschädigen. Auch als Bruthöhle werden Wärmedämmverbundsysteme am Gebäude gern genutzt. Immerhin: Der Bestand der Specht Arten erholt sich durch diese guten Lebensbedingungen.

Aufgrund von Tauwasserkondensation und beschädigter Dämmung kann im Haus Schimmel entstehen. Solche Schäden werden (nach Ablauf der Garantiezeit der Dämmplatten) den Bewohnern/Mietern wegen „mangelnder Lüftung“ zur Last zu legen. Diese Praxis ist oftmals nicht fair, da Feuchtigkeit naturgemäß auch außen ansetzt.
   

Unser Fazit zur Dämmung

Die Sanierung von alten Gebäuden ist notwendig und Wärmedämmverbundsysteme mit Polystyrol sind im Vergleich zu anderen nachträglichen Maßnahmen (z.B. mit Mineralwolle) relativ günstig. Sie reduzieren den Energieverbrauch im Haus, wobei der Prozentsatz eingesparter Kosten wohl geringer ausfällt, als von den Herstellern beworben. Die Dämmung von Fassaden kann im Rahmen einer allgemeinen energetischen Modernisierung von Gebäude, Fenster, Türen, Heizanlage und Außenwand durchgeführt werden.
Das Für und Wider einer Fassade mit Wärmedämmverbundsystem muss im Einzelfall bewertet werden. Ein unabhängiger Energieberater kann Ihr Gebäude, das Dach und die Innendämmung vor Ort prüfen Sie hierzu beraten. Erwarten Sie durch die Dämmstoffe aber keine sommerlichen Temperaturen im Raum. Ärzte empfehlen sowieso eine eher kühle Wohnraumtemperatur um 20°C.

Falls Sie sich gegen die Fassadendämmung entscheiden, bedenken Sie, dass auch andere Methoden der Dämmung ihre Tücken haben. Bei Einfachverglasung der Fenster kondensiert Wasserdampf innen an der Scheibe, denn sie ist der kälteste Punkt im Raum (U-Werte). Der Mensch sieht das Tauwasser und kann es einfach abwischen. Mit vielfach verglasten Fenstern ist aber die Wand kälter als das Glas. Das Wasser kondensiert an den Wänden, man kann es nicht sehen und entfernen. Sie müssen Ihr Lüftungsverhalten unbedingt an die Wärmedämmung anpassen, i.d.R. bedeutet das wesentlich häufiger Stoßzulüften.
Unser Tipp: Infrarotstrahler für den Innenraum können im Lüftungszeitraum eingesetzt werden, während die Heizung abgedreht ist. Sie erzeugen sofort beim Anschalten Wärme (keine Aufheizphase). Das Gefühl der Wärme auf der Haut besteht auch bei häufiger Fensterlüftung, unabhängig von Wind und Zugluft.

   

Unsere Lösung: Alternativen statt nachträglicher Wärmedämmung

Unsere Recherche weist darauf hin, dass sich energetische Sanierung am ehesten rentiert, wenn sowieso modernisiert werden muss. Ist dies bei Ihnen nicht der Fall, gibt es kostengünstige Möglichkeiten, warm zu wohnen, die Heizkosten aber gering zu halten.

Als erste Möglichkeit möchten wir Sie auf dezentrale Wärmerückführung hinweisen, die mit geringem baulichen Aufwand auch in Alt- und Bestandsbauten umzusetzen ist, z.B. in bestehenden Rohren. Der Einsatz der Ventilatoren kann auch als Fenstereinbau (Fensterlaibung) erfolgen.
Am Beispiel der Ventoxx Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung lässt sich die Technik so erklären: erwärmte Zimmerluft wird über den Wärmetauscher, in diesem Fall ein keramischer Speicherstein nach außen gelüftet. Die Spezialkeramik kann die Heizungswärme speichern und nach umschalten der Laufrichtung bis zu 91% auf die einströmende Frischluft übertragen. Nach dem Lüften müssen Sie also nicht jedes Mal das Zimmer neu aufheizen – enorme Heizkosten lassen sich mit dieser simplen Technik einsparen. Und das äußerst preisgünstig im Vergleich zur Außendämmung mit WDVS. Für ein Wohngebäude bis zu 80 m2 reichen bereits vier gegenüberliegend platzierte dezentrale Lüftungssysteme aus.

Die zweite Möglichkeit, die Heizlast zu senken, ist ähnlich effektiv und funktioniert über einen Deckenventilator im Rückwärtslauf. Aus Altbauten mit hohen Decken kennen Sie wahrscheinlich das Phänomen, dass sich die erwärmte Luft oben ansammelt, während es unten kühl bleibt – trotz Heizung. Häufiges Nachheizen kann mit einem rechtsdrehenden Deckenventilator vermieden werden. Anders als im normalen Sommermodus (Vorwärtslauf), schiebt die rückwärts gerichtete Ventilator-Bewegung warme Luftschichten von der Zimmerdecke entlang der Wände nach unten in den Wohnbereich. Die Installation von Deckenventilatoren ist im Aufwand ähnlich wie eine normale Deckenlampe, also gering. Der Stromverbrach der Geräte beträgt bei DC-Gleichstromtechnik maximal 30 Watt. Doch im Wintermodus (rückwärts) wählen Sie eine langsame Laufstufe, die ab 3 Watt anläuft. Die Kosten und der Aufwand für Wärmerückführung per Deckenventilator sind daher minimal, der Nutzen ist hoch. So senken Sie die Heizkosten auch bei schwach gedämmten Mauern und dünnem Fensterglas.

Für Fragen zu den beiden vorgestellten Varianten stehen wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung. Sie können sich mithilfe unsere umfangreichen Ratgeber auch selbst über modere Lüftungs- und Heizungstechnik belesen.

Quellen:
https://www.umweltbundesamt.de/themen/haeuser-heizen-nicht-das-klima
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/waermedaemmung
https://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0412/041214.htm

       

         

Energieverbrauch Heizen Haus & Garten Umweltschutz

Kategorien