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Seit 2002 fordert die Energieeinsparverordnung EnEV, das neue Gebäude nach aktuellem Stand der Technik dauerhaft luftundurchlässig gebaut werden. Das verhindert unkontrolliertes Entweichen von Heizungsenergie, schont damit Ressourcen, Umwelt und Geldbeutel. Ob die Bestimmung eingehalten wurde oder es zugige Stellen mit Wärmeverlust gibt, wird im Blower-Door-Test (BDT) geprüft.
Durchschnittliche Lesezeit: 9 min
Inhalt:
Info: Markenrechtlich dürfen nur Luftdichtheitsmessungen mit originalen Testgeräte der BlowerDoor GmbH unter dem Namen Blower-Door-Test angeboten werden. Sofern die Bezeichnung in unserem Ratgeber auftaucht, steht sie umgangssprachlich für Differenzdruck-Messungen im Allgemeinen. Das Verfahren ist aufgrund der gesetzlichen Normen zur Testdurchführung mit den Geräten anderer Hersteller ähnlich.
Der Blower-Door-Test ermittelt die Luftdichtheit einer Gebäudehülle und dient zum Aufspüren von undichten Stellen im Rohbau und bei energetischer Sanierung von Altbauten. Die Luftdichtheitsprüfung wurde erstmalig in der ISO 9972 genormt und wird nun seit ca. 20 Jahren durchgeführt. Mittlerweile ist die ISO in die neuere EN 13829 integriert, sie bestimmt den Ablauf der einzelnen Testphasen. Blower-Door-Messungen bzw. der Nachweis an Luftdichtheit wird gefordert in:
Den Einbau von raumlufttechnischen Anlagen können Sie mit dem Dichtheitsnachweis im Rahmen der EnEV begünstigt anrechnen lassen. Die Luftdichtheitsmessung wird in dem Fall im Verfahren A (Beschreibung folgt) nach DIN EN 13829 durchgeführt. Auch wenn bei der Berechnung des Energiehaushaltes von Neubauten die Luftwechselrate von 0,6 pro Stunde angesetzt wird, muss der BDT zum Nachweis durchgeführt werden. Der nachträgliche Einbau von Badlüfter und Dunstabzugshauben laut DIN 18017-3 erfordert die Durchführung eines BDT nur, wenn die Maßnahme im Energiebedarfsnachweis eingerechnet ist. Wenn Sie allerdings eine Förderung durch die kfw-Bank beantragen, ist ein Nachweis der Differenzdruck-Messung grundsätzlich vorzulegen, auch wenn dies vom Gesetzgeber nicht gefordert ist.
Der BDT kann zum Ende der Bauphase (Gebäudehülle fertiggestellt) oder erst nach Bezug des Hauses durchgeführt werden. Der Zeitpunkt der Messung dabei ist nicht so wesentlich, wie die Präparation des Gebäudes:
Verfahren A: Untersuchung des Nutzungszustandes (nach Einzug, Zustandserfassung bei Altbauten)
Außenöffnungen werden wie im Alltagsgebrauch verschlossen, aber nicht besonders abgedichtet. Mit Verfahren A wird bspw. der Dichtheitsnachweis und die Überprüfung des Mindestluftwechsels nach DIN 4108-7 erbracht.
Verfahren B: Prüfung der Gebäudehülle (meist bei Neubauten, Qualitätssicherung in der Bauphase)
Ein Großteil der erkennbaren Luftdurchlässe z.B. Katzenklappen, Kamin- und Abluftöffnungen werden vor Durchführung des Tests abgedichtet. Verfahren B bringt den Nachweis zum Einhalt der Forderungen der Energieeinsparverordnung nach der Qualität der Gebäudehülle.
Das Testgerät besteht aus drei Bauteilen: einem Ventilator, dem eigentlichen Messgerät mit Sensoren außerhalb und innerhalb des Gebäudes (im Bild rechts oben an der Tür) und der steuernden Software am angeschlossenen Laptop.
Ein verstärkender Metallrahmen um das Gebläse wird von den fachkundigen Prüfern vor Ort zusammengesteckt und passgenau in Außentürrahmen oder einem großen Fenster eingesetzt. Zwischenstellen werden mit Abdeckfolie luftdicht verschlossen, sodass dass kein unbeabsichtigter Luftaustausch stattfindet. Das mit Sensorik ausgestattete Messgerät wird ebenfalls an der Tür montiert. Es dient dazu, die Windströme zu erfassen und in Echtzeit sichtbar zu machen.
Vor dem Start des Tests werden alle weiteren Fenster und Außentüren verschlossen und bei Durchführung nach Verfahren B, weitere Öffnungen des Gebäudes luftdicht präpariert. Dabei werden auch untypische Luftdurchlässe wie Rauchabzug und Abwasseranschuss von Dusche und Waschbecken kurzzeitig mit Kreppband und Folie abgeklebt. Sobald der Ventilator startet, werden die sensorerfassten Messdaten sofort elektronisch ausgewertet und am Laptop wiedergegeben. Der Blower-Door-Test erfolgt mit nacheinander durchgeführter Unter- und Überdruckmessung. Die angestrebte Druckstärke ist dabei vergleichbar mit einer frischen Brise in Windstärke 4-5, daher ist es ratsam, alle wichtigen Papiere und leichten Gegenstände für die Testdauer sicher zu verstauen. An sich kann das Gebäude während der Testdurchführung aber normal genutzt werden.
Wenn die Software nach ein paar Minuten Ventilatorlauf den konstanten Gebäudedruck von 50 Pascal als erreicht anzeigt, wird mit der Suche nach Leckagen begonnen.
Der Ventilator zur Blower-Door-Messung wird laut EN 13829 auf den Druckwert 50 Pascal eingestellt, das entspricht fünf Kilo Zusatzdruck pro ein Quadratmeter Gebäudehülle. Nun wird die Luftwechselrate n ermittelt, d.h. wie oft die Innenraumluft beim eingestellten Druck von 50 pa ausgewechselt wird. Ein sehr gutes Ergebnis wäre bspw. der n-50 Wert von 0,3 für ein wärmegedämmtes Gebäude. Das bedeutet, das Luftvolumen wird (bei diesem Druck) pro Stunde 0,3-mal durch undichte Stellen ausgetauscht. Wirklich hundertprozentige Luftdichtheit ist aufgrund von Schimmelgefahr durch Wasserdampf-Kondensat gar nicht wünschenswert. Die Anforderung als n-50 Höchstwert für ein Passivhaus beträgt beispielsweise 0,6. Zum Vergleich: unsanierte Gebäude, die vor 2002 errichtet wurden, haben oftmals einen n-50 Wert zwischen 4 und 12 pro Stunde. Bei solchen Altbauten zieht es durch undichte Fugen und Ritzten im Mauerwerk - kein behagliches Wohnklima.
Grenzwerte n50-Wert (bei Sanierung bzw. Neubauten nach EnEV, Stand 2016)
Wohnhaus, natürliche Lüftung 3,0
Gebäude mit Lüftungsanlage 1,5
Passivhaus 0,6
Wird für die Gebäudeart (z.B. Passivhaus), ein verdächtig hoher n-50 Wert gemessen (in dem Fall über 0,6), ist dies ein Indiz für undichte Bauweise. Der angezeigte Volumenstromwert gibt dem Fachkundigen Auskunft darüber, wie viel Fläche die vorhandenen Löcher in etwa einnehmen - sie gilt es nun aufzuspüren. Mit einer Thermografiekamera wird Zimmer für Zimmer begangen und untersucht. Durch das bildgebende Verfahren lässt sich erkennen, an welchen Stellen am Haus Wärmeenergie nach außen entweicht. Kühle Raumteile werden am Kameradisplay blau dargestellt, warme in Rottönen und Zwischenwerte in gelbgrün. Meist sind Fenster, Türen, Auslässe für Kabel und z.T. die Dachkonstruktion betroffen, da sie den höchsten Wärmedurchgang (U-Werte) haben. Wird beispielsweise im Dachgebälk ein Bereich auf dem Monitor dunkelblau ausgegeben, befindet sich dort eine kühlere Stelle, d.h. ein Ort von unkontrolliertem Luftdurchzug. Mit der Hand fühlt der Prüfer den Luftzug nach, die menschle Haut reagiert recht sensibel auf Temperaturunterschiede. Ein weiteres Gerät, das Thermo-Anemometer, kann herangezogen werden. Vor die Leckage gehalten, misst es die Luftströmung in m/s. So können Zuglufterscheinungen ganz exakt wiedergegeben werden. Um alle Lecks sicher auszuschließen, ist es wichtig auch unzugängliche Orte prüfen. Gefundene Schwachstellen werden mit Kreppband provisorisch ausgebessert. Sinkt der n-50 Wert dadurch, ist dies ein gutes Zeichen, dass Baumängel mit geringem Korrekturaufwand noch behoben werden können.
Ist die Unterdruckmessug abgeschlossen, wird der Ventilator so umgestellt, dass er Außenluft ins Gebäude einzieht und Überdruck entsteht. Eine effektvolle Methode der Differenzdruck-Messung: durch Färbung der Innenraumluft mit Nebelgeräten oder anderen Rauchspendern wird nun visualisiert, ob Gas aus dem Gebäude gedrückt wird. Dazu beobachtet ein Helfer das Gebäude von außen - wo der Nebel aussteigt befindet sich noch ein Loch.
Typische Zugstellen:
Stimmt der n-50 Messwert beim Testverfahren mit den Vorgaben für diesen Gebäudetyp überein, kann der Bau problemlos abgenommen werden. Ansonsten müssen Schwachstellen wie z.B. ungenaue Einpassungen noch einmal ausgebessert werden. Zur Qualitätssicherung kann der BDT auch mehrmals während der Bauphase durchgeführt werden. Die bisherige Arbeit wird dabei qualitativ untersucht und für alle Beteiligten sichtbar gemacht - bei solchen Momenten steigt die Spannung, ob das Team wirklich ordentlich gebaut hat. Erst das entscheidende Testergebnis bei Bauübergabe wird schriftlich im Protokoll festgehalten und gilt als Nachweis gegenüber der KfW-Bank.
In Deutschland dürfen Sie zur Durchführung der Differenzdruck-Messung laut Baurecht jede Person beauftragen, die sich als "Zertifizierter Luftdichtheitsprüfer" ausweisen kann. Eine Fortbildung auf Grundlage der Energieeinsparverordnung befähigt Fachkundige zum Luftdichtheitstest. Die Zertifikate können bspw. vom Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e.V., Ingenieur-, Architekten- und Handwerkskammern aber auch durch privat angebotene Schulungen (nach ISO 20807) vergeben werden. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn Baufirmen mit zumindest einem geschulten Mitarbeiter die Luftdichtheit in Eigenkontrolle messen können. Zu Abnahme des Baus erfolgt die Differenzdruck-Messung dann durch einen unabhängigen Prüfer.
Die Dauer des Testes beträgt für ein Einfamilienhaus ca. anderthalb bis drei Stunden. In der Preiskalkulation sind die Abdichtungsarbeiten z.T. bereits mit eingerechnet. Die Leckage-Ortung mittels Nebelmaschine etc. kann ggf. extra berechnet werden. Erkundigen Sie sich bei Ihrem Anbieter genau, welche Leistungen standardmäßig enthalten sind. Der Test kostet, je nach Umfang der Leistung und Tarifgefälle der Bundesländer durchschnittlich 325 Euro netto für ein Einfamilienhaus (Quelle: Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V. / luftdicht.info). Dies sind vergleichsweise geringe Kosten, wenn dadurch Baumängel frühzeitig behoben werden können.
Luftzug im Wohnraum ist nicht nur ein unangenehm, sondern führt auch zu erhöhter Heizkostenlast und unnötiger Umweltbelastung. Schon während der Bauphase können mit dem Differenzdruck-Messverfahren Wärmelecks in den Dämmstoffen und Baumaterialen aufgespürt und frühzeitig beseitigt werden. Aber auch bei bestehenden Gebäuden können im Laufe der Zeit durch Materialermüdung Luftdurchlässe entstehen. Silikonversiegelungen am Fensterrahmen werden porös und lockern sich, Türen können sich verziehen und das Mauerwerk durch Witterung und Temperatureinwirkung bröckelig werden. Auch Feuchteschäden und Schimmelpilz hat Auswirkungen auf die Bausubstanz.
Um die Luftdichte der Gebäudehülle zu prüfen, wird ein leistungsstarker Ventiltor in Außentür oder Fenster installiert. Das Gebläse erzeugt nach definierten Vorgaben erst Unterdruck, dann Überdruck im Innenbereich. Mit bildgebenden Verfahren werden nun Zuglufterscheinungen durch Löcher, Ritzten und Schwachstellen in der Gebäudehülle aufgespürt. Auch Wärmebrücken, z.B. einfach verglaste Fenster durch die Raumwärme nach außen gelangt, werden im Luftdichtheitstest sichtbar gemacht. Die erkannten Leckagen werden nach dem Test sauber ausgebessert bzw. saniert. Häufig ist auch Geruchsbelästigung vom rauchenden Nachbarn ein Grund, undichte Stellen zu ermitteln.
Der Blower-Door-Test kann von zertifizierten Handwerkern, Baufirmen, Energieberatern oder Architekten durchgeführt werden. Das Verfahren kann auch umgekehrt angewandt werden, z.B. wenn vermutet wird, dass ein Gebäude zu luftdicht gebaut wurde oder die Kraft der Lüftungsanlage nicht ausreicht, Kondensate auszuleiten und den hinreichenden Luftwechsel zu garantieren.
Blower-Door-Test:
Quellen:
http://luftdicht.info/faqs.html
http://www.luftdicht.de/wer-darf-messen.htm
http://www.blowerdoor-kassel.de/blowerdoor/blowerdoor-gesetze-normen.php
http://www.flib.de/presse/2015/05/2015_05.php
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